Im ehemaligen Pumpwerk Alte Emscher herrschte Alltag. Werner Knorb stand barfuß im Batikhemd zwischen Kacheln und Eisenträgern und ließ die Tuba vibrieren, als wolle er den Rheinpegel in Schwingung bringen. Unter dem Vibraphon lagen die Herren Dackel Gustav und Fritz ausgestreckt, beide auf dem Rücken, Pfoten nach oben, Lefzen schlaff im Schlaf.
Dann vibrierte das Smartphone auf der alten Werkbank. Zuerst leise, dann insistierend. Knorb senkte das Mundstück, blickte mürrisch auf das Display: „Dietz DuisburgSport“.
„Professor Knorb? Hier spricht der Veranstaltungsleiter der Ruder-WM. Wir haben Mufflons. Eine ganze Herde blockiert den Leinpfad an der Regattastrecke in Wedau. Hier geht gar nichts! Wir brauchen Sie – und Ihre Dackel.“
Knorb legte die Tuba ab, schob die florale Brille zurecht und murmelte: „Oh, ha.“
Gustav hob im Schlaf ein Ohr. Fritz schnaufte, als wolle er schon jetzt protestieren.
„Also wirklich“, begann er, die Fliege zurechtrückend, „für Mufflons ist die Abteilung Landschafts- und Waldentwicklung zuständig. Das ist eindeutig geregelt. Wir sind hier völlig außer Zuständigkeit, also meines Erachtens—“
„Klappe“, schnitt Knorb ihm das Wort ab. „In den Beiwagen, beide.“
Er setzte die Dackel hinein, stieg auf die Solex und knatterte Richtung Wedau.
„Aber ich muss hier protestieren!“, maulte Fritz. Gustav bellte kurz, ein knappes „So.“, das keinen Widerspruch duldete.
An der Regattastrecke herrschte Chaos: Schiedsrichter fuchtelten mit Funkgeräten, Offizielle rannten durcheinander, und mitten auf dem Leinpfad stand eine Mufflonherde, als sei sie Teil der Startaufstellung.
Knorb stoppte die Solex. Gustav sprang heraus, schüttelte sich, setzte sein Jagdhorn an, blies ein kurzes Signal und begann, mit kräftigem, zackigem Gebell die Tiere ins Gehölz zurückzutreiben. Die Mufflons wichen tatsächlich – als spürten sie den preußischen Ernst in Gustavs Kläffen.
Knorb aber bemerkte, dass in diesem Bellen ein Echo lag – von Gustavs Urururopa Donald von Trollsheim Pfad, dem Helden vom großen Buxebölken. Gustav führte heute fort, was damals bei Nebel in der Rößnitzer Senke begonnen hatte.
Fritz blieb im Beiwagen sitzen, grummelte vor sich hin: „Dienstaufsichtsbeschwerde“ und „unverantwortliche Intervention. Dafür hat die Stadtsparkasse Duisburg ihm nicht das ganze Geld gegeben“. Niemand hörte zu.
Als die Herde im Unterholz verschwunden war, griff Knorb zur Tuba. Ein tiefes Hallali rollte wie Donnerschläge über die Regattastrecke. Auf den Tribünen brach Jubel aus, die Fans standen Kopf.
Noch während das Echo über das Wasser hallte, trat Karsten Migels von Eurosport mit Mikrofon heran. „Professor Knorb – Sie sind im engeren Sinne doch Musiker. Wie haben Sie das eben geschafft?“
Knorb rückte die florale Brille zurecht, warf einen Blick zu Gustav, der noch stolz am Ufer stand, markierte und antwortete lakonisch:
„Musik ist auch nur eine Frage des richtigen Tons.“

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