Ein kühler verregneter Mittwochabend im Mai. Gustav und Fritz, die beiden Dackel von Prof. Dr. Werner Knorb, flitzen kläffend zur Tür des Jazzlabors in Meiderich. Knorb schaut von seiner Tuba auf, leicht überrascht. „Geplant war doch heute irgendwie nichts“, murmelt er und stellt die Politur beiseite.
Ein Klopfen folgt, und an der Tür steht Jenny Evans – im abgewetzten weißen Mantel mit einem Notenheft unter dem Arm und einem schelmischen Lächeln im Gesicht.
"Werner, ich habe ein Attentat auf Dich vor. Erinnerst du dich? Muffathalle, '99. Du hast backstage eine ganze Kanne von meinem Earl Grey getrunken.“
"Gab ja nix Vernüftiges."
Sie lachen. Knorp bittet sie herein. Das Jazzlabor riecht nach Kolophonium, nassem Notenpapier und einer Prise Melancholie.
"Erinnerst Du Dich, nach dem Konzert, als wir ‘Für eine Nacht voller Seligkeit’ gespielt haben?“
Knorb lächelt, greift zur Tuba und nickt.
„Peter Kreuder. Klassiker. Gustav, Fritz macht uns mal 'ne Flasche von dem guten Chinon auf und zwei Gläser!“
Sie nehmen Platz, Jenny auf den kleinen Stuhl neben dem Vibraphon unter dem die Dackel es sich gemütlich gemacht haben. Knorb hebt die Tuba.
Jenny summt die Melodie, sanft und leicht, die Augen halb geschlossen.
Knorb setzt mit tiefem Brummen ein, führt die Melodie. Gustav und Fritz sorgen mit ihren Rasseln für eine jazzige Improvisation, die Raum lässt für kleine Spitzfindigkeiten und Tonverbeugungen.
Als die letzten Töne verklingen, schaut Jenny Werner an.
Er schenkt nach, sie stoßen an.
Dann lehnt sich Knorb zurück:
„Was ist Jazz für dich, Jenny?“
„Eine Nacht voller Seligkeit“, sagt sie. Und lächelt.
Professor Dr. Werner Knorb – Jazz-Schimpanse, Tuba-Virtuose, florale-Brillen-Liebhaber – und: Deutschlands einziger Jazzprofessor. Das allein würde schon reichen, um sich ein Denkmal aus Notenschlüsseln zu gießen. Aber Knorb wäre nicht Knorb, wenn er es dabei belassen hätte. Seine Habilitation bei Roger Bobo? Kein trockenes Papier, sondern eine wuchtige, an Pendereckis Polymorphia orientierte Version des Tuba-Stücks „Kreuz Kaiserberg“, von Bobo kommentiert mit: „Werner, das ist entweder genial – oder ein Notruf aus dem Untergrund.“ Knorb brummte nur. Die Aufnahme landete später, getarnt unter Pseudonym, auf dem legendären Album „Tuba Libera“ – ein Meilenstein für all jene, die Tuba nicht mehr nur mit Märschen assoziieren. Für seine Promotion zog er alle Register – und blies „The Lonely Shepherd“ auf der Tuba so sehnsuchtsvoll, dass Gheorghe Zamfir, Papst der Panflöte, zu Tränen gerührt war. Was folgte, war eine zweijährige Tour mit Zamfir und André Rieu: Rio, Tokio, Sydne...
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