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Pflaumenmus über die Atlantikbrücke

  Knorb war mies drauf. Schon seit Tagen lief nichts. Rieu fuchtelte mit der Geige, Zamfir pustete ins Panflötenholz – alles scheiße. Kein Pflaumenmus weit und breit. In Meiderich stand sonst immer ein Vorrat im Regal, hier in New York: Fehlanzeige. „Ich brauche meinen Schmierstoff“, knurrte Knorb und tippte missmutig auf den Ventilen seiner Tuba. „Ohne Pflaumenmus keine Inspiration.“ Rieu, der alte Schlickefänger, hatte sofort eine Idee. Er kannte die merkwürdigen Logistik-Gewohnheiten der Ruhrbarone. „Krupp fliegt jeden Tag von Lohausen nach New York. Vertragskram, Ersatzteile, Protokolle. Vielleicht passt da ein Kistchen Pflaumenmus mit rein.“ Er griff zum Telefon. „Berthold? Ja, André Rieu hier. Problem: Knorb hängt durch. Kein Pflaumenmus. Verstehst du?“ Berthold Beitz verstand. Natürlich verstand er. Er schickte Mehmet, seinen Assistenten – den die Leute mit spitzer Zunge „Kammertürken“ nannten. Mehmet war pflichtbewusst, immer korrekt gekleidet: dunkelblauer Anzug, hell...
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Knorbs Tuba-Triumpf in Lohausen

Der erste Termin der Welttournee sollte das Sydney Opera House sein. Von Düsseldorf aus sollte es losgehen, das Trio der Unwahrscheinlichkeiten: Gheorghe Zamfir mit seiner Panflöte, André Rieu mit seiner Violine und Werner Knorb mit seiner Tuba. Schon am Schalter der Airline spitzte sich die Lage zu. Rieu und Zamfir hatten sich jeweils einen ganzen Dreierblock reservieren lassen – selbstverständlich für sich selbst ("Man will ja mal die Beine ausstrecken.") und ihre unersetzlichen Instrumente. Knorb hatte bescheidener kalkuliert: zwei Plätze, einer für ihn, einer für seine Tuba. Doch die Mitarbeiterin hinter dem Schalter schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, die Tuba muss in den Frachtraum.“ Rieu fuhr empört dazwischen: „Unmöglich! Wissen Sie überhaupt, welche Töne Sie da erfrieren lassen wollen?“ Die Mitarbeiterin blickte streng von Rieu zu Knorb. „Mal davon abgesehen – er... ist ein Tier. Für ihn gilt die Boxenpflicht.“ Stille. Zamfir starrte sie an, Rieu: "Er? Verd...

Werner Knorb – Die Symphonie des Unerwarteten

  Werner Knorb war längst eine lokale Legende. Mülheims Jazzclub „Alte Lampe“ platzte aus allen Nähten, sobald er die Tuba ansetzte. Die Leute kamen wegen seines rauen, aber gefühlvollen Tons. An einem verregneten Abend saß ein unscheinbarer Mann mit Hut in der hintersten Ecke: Gheorghe Zamfir, Meister der Panflöte. Er hatte von dem Schimpansen gehört, der Tuba spielte. Als Werner die ersten Töne aus dem Messing holte, blieb Zamfir wie angewurzelt. Er hörte nicht bloß Musik – er hörte eine Seele, die durch Metall sang. Nach dem Konzert trat er an Werner heran, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte leise: „Ihr Klang ist die Erde. Meiner ist der Himmel. Wollen wir sie zusammenbringen?“ Wenige Tage später trafen sie sich im Proberaum. Zamfir griff zur Panflöte, Werner antwortete barfuß und mit floraler Brille auf seiner Tuba. Das klang schon ungewöhnlich genug – bis André Rieu, neugierig geworden, die Tür aufstieß. Erst grinste er über den „Affen mit Tuba“. Doch als die erst...

Pflaumenmus to Birdland: Knorbs Jazzwunder an der Aktienstraße

Die Alte Lampe an der Aktienstraße in Mülheim war mehr als nur eine Jazzkneipe. Die Wände waren vom Rauch der Jahrzehnte geschwärzt, die Tische klebten, und die Gesichter, die man hier sah, gehörten fast alle zur Familie. Man musste keine Legende sein, um hier aufzutreten, aber die Bühne war bekannt dafür, Musiker in eine zu verwandeln. An diesem Abend kündigte Mülheims bekanntester Trompeter, Helmut Schlitt, einen besonderen Gast an: „Meine Damen und Herren, heute begrüßen wir einen ganz besonderen Künstler. Einen waschechten Jazz-Schimpansen. Ja, Sie haben richtig gehört. Aber ich lasse ihn sich am besten selbst vorstellen.“ Ein Tuscheln ging durch den Raum. Ein Schimpanse? Dann trat Werner Knorb im Batikhemd, barfuß wie immer und mit seiner floralen Brille, ans Mikrofon. „Ich mache es kurz“, sagte er. „Mein Motto für heute: No sex, no drugs, no Dixieland.“ Der Witz saß. Ein Lachen ging durch den Raum. Knorb hob die Tuba an, atmete tief ein – und plopp . Ein seltsam dumpfes Geräusch....

Affenartig gut: Helmut Schlitt entdeckt Werner Knorb

  "Dat gibbet doch nicht", Mülheims Jazzlegende Helmut Schlitt fühlt sich von Professor Ulrich Haas am Telefon auf den Arm genommen. "Doch, doch", sagt Haas: "Der Schimpanse ist ein absolutes Naturtalent. Der spielt Tuba wie Roger Bobo. Komm vorbei."  Schlitt setzt sich widerwillig in seinen alten Ford Taunus und fährt die Ruhr hinauf nach Werden. "Wenn der Haas mich hier nur veralbern will…", murmelt er, während er auf den Hof der Folkwang-Hochschule einbiegt. Im kleinen Proberaum riecht es nach Bohnerwachs und Pflaumenmus. Da sitzt er: Werner Knorb, barfuß wie immer, mit der floralen Brille auf der Nase und der Tuba auf dem Schoß. Das Instrument glänzt nicht, sondern ist stellenweise stumpf und verschmiert. Knorb wienerte eifrig mit einem Batisttuch. Haas grinst: "Werner hat wieder bei der Probe sein geliebtes Baguette mit Pflaumenmus gefuttert." Dann legt Knorb los. " Lullaby of Birdland " – nicht brav, nicht akademisch, ...

Der Solex-Schmu von Tongeren

  Es war noch dämmrig, der Nebel hing zwischen den Straßenlaternen wie ein grauer Vorhang, als Prof. Dr. Werner Knorb barfuß über das Kopfsteinpflaster tappte. Der Trödelmarkt von Tongeren erwachte gerade: Händler klappten ihre Tapeziertische auf, ein altes Transistorradio krächzte Brassens, irgendwo zischte eine Kaffeemaschine, und der Duft von Waffeln mischte sich mit feuchtem Karton. Knorb bewegte sich nicht wie ein Käufer, sondern wie ein Schiedsrichter, der den Platz betrat. Er wusste: Er musste nichts suchen – die Dinge traten von selbst zu ihm. Mit einer beiläufigen Geste strich er über Schallplattenhüllen, schnalzte abschätzig mit der Zunge, klopfte auf eine verbeulte Trompete, als hätte er schon ihr Urteil gefällt. Bei einem verrosteten Vierteltonhorn blies er ein paar Takte der Brabançonne , nur um es dann mit wegwerfender Miene zurückzulegen. Händler grinsten. „Der alte Affe wieder. Bringt alles zum Klingen.“ Doch sie wussten auch: Mit ihm zu feilschen war aussichtslos...

Carepaket aus Walsum

  Alle drei Monate dasselbe Ritual. Ein leises Surren kündigt ihn an, dann biegt der kleine elektrische Lieferwagen von DPD um die Ecke des ehemaligen Pumpwerks Alte Emscher .  "Hallo Herr Professor!", ruft Mehmed, grinst unter seiner Basecap, während er ein Päckchen in die Höhe hält. "Nachschub. Die Cheffin schickt schwarzes Gold." Professor Dr. Werner Knorb , Deutschlands einziger Jazzprofessor, unterbricht selbst die konzentriertesten Improvisationen. Er legt seine Tuba beiseite, als Mehmed die große Stahltür des Pumpwerks einen Spalt öffnet. Und Fritz und Gustav , die Herren Dackel, ihn kläffend begrüßen. Knorb weiß, wer "die Cheffin" ist. Marion Ahlers , Tierpflegerin in Rente. Mit dem Opinel schlitzt er vorsichtig das Paketband auf und fördert einen vorbildlich gepolsterten Karton zutage. Darin: drei Gläser Walsumer Schwarzmus von Bauer Blomenkamp. Es ist seine Sorte. Jene tiefdunkle, würzige Schlotze, die nur auf dem Hof Blomenkamp in Walsum nach e...