Werner Knorb war längst eine lokale Legende. Mülheims Jazzclub „Alte Lampe“ platzte aus allen Nähten, sobald er die Tuba ansetzte. Die Leute kamen wegen seines rauen, aber gefühlvollen Tons.
An einem verregneten Abend saß ein unscheinbarer Mann mit Hut in der hintersten Ecke: Gheorghe Zamfir, Meister der Panflöte. Er hatte von dem Schimpansen gehört, der Tuba spielte. Als Werner die ersten Töne aus dem Messing holte, blieb Zamfir wie angewurzelt. Er hörte nicht bloß Musik – er hörte eine Seele, die durch Metall sang.
Nach dem Konzert trat er an Werner heran, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte leise:
„Ihr Klang ist die Erde. Meiner ist der Himmel. Wollen wir sie zusammenbringen?“
Wenige Tage später trafen sie sich im Proberaum. Zamfir griff zur Panflöte, Werner antwortete barfuß und mit floraler Brille auf seiner Tuba. Das klang schon ungewöhnlich genug – bis André Rieu, neugierig geworden, die Tür aufstieß. Erst grinste er über den „Affen mit Tuba“. Doch als die ersten Töne erklangen, verstummte das Lächeln. Rieu holte seine Geige hervor und stieg ein.
Nach einer halben Stunde brachen sie ab, die Instrumente noch vibrierend. Rieu schüttelte den Kopf, fast benommen. „Unglaublich. Kannst du eigentlich auch Wiener Blut?“
Knorb löffelte gemächlich aus einem Glas mit Pflaumenmus, lachte trocken und meinte:
„Ich bin Stipendiat am Folkwang, Kollege.“
Rieu stampfte begeistert mit dem Fuß. „Das ist es! Wir gehen auf Welttournee – Panflöte, Violine, Tuba! Die größten Konzertsäle der Welt warten.“
Und so wurde aus dem Jazz-Club-Helden Werner Knorb der internationale Superstar, der mit zwei der größten Namen der Musikgeschichte die Bühnen eroberte.
Professor Dr. Werner Knorb – Jazz-Schimpanse, Tuba-Virtuose, florale-Brillen-Liebhaber – und: Deutschlands einziger Jazzprofessor. Das allein würde schon reichen, um sich ein Denkmal aus Notenschlüsseln zu gießen. Aber Knorb wäre nicht Knorb, wenn er es dabei belassen hätte. Seine Habilitation bei Roger Bobo? Kein trockenes Papier, sondern eine wuchtige, an Pendereckis Polymorphia orientierte Version des Tuba-Stücks „Kreuz Kaiserberg“, von Bobo kommentiert mit: „Werner, das ist entweder genial – oder ein Notruf aus dem Untergrund.“ Knorb brummte nur. Die Aufnahme landete später, getarnt unter Pseudonym, auf dem legendären Album „Tuba Libera“ – ein Meilenstein für all jene, die Tuba nicht mehr nur mit Märschen assoziieren. Für seine Promotion zog er alle Register – und blies „The Lonely Shepherd“ auf der Tuba so sehnsuchtsvoll, dass Gheorghe Zamfir, Papst der Panflöte, zu Tränen gerührt war. Was folgte, war eine zweijährige Tour mit Zamfir und André Rieu: Rio, Tokio, Sydne...
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