Die 80er, ein wilder Ritt durch New York. Knorb, damals noch mit wallender Mähne und einer Vorliebe für Batik-T-Shirts, und Jeff Lorber, der gerade mit seinen Fusion-Experimenten für Furore sorgte, brauchten dringend Kohle. Ein Anruf von einem gewissen Donald Trump kam da gerade recht.
„Ich brauche etwas... Erhabenes. Etwas, das die Leute beeindruckt, wenn sie in meinen Aufzug steigen. Es muss majestätisch sein“, soll Trump gesagt haben.
Knorb mit seiner Tuba und Lorber, mit seinem Prophet-5-Synthesizer, machten sich ans Werk. Eine Mischung aus Funk-Jazz-Fusion und klassischer Erhabenheit sollte es werden.
Die Sessions im kleinen Studio in Queens waren geprägt von kreativem Chaos und Trumps ständigen Anrufen. „Mehr Gold! Mehr Glanz! Und wo ist der Bläser-Bombast?“, soll er gefordert haben.
Als es endlich fertig war, präsentierten sie es Trump – im Trump Tower, irgendwo zwischen Fifth Avenue und Größenwahn.
Er hörte zu, runzelte die Stirn und sagte: „Naja, es ist... okay. Aber der Bass ist zu funky, die Tuba zu tief und die Synthesizer klingen wie aus einem Videospiel.“
Am Ende zahlte er weniger als die Hälfte des vereinbarten Preises. „Das ist ja nur Fahrstuhlmusik“, soll er gesagt haben.
Heute, im Jazzlabor in Meiderich, sitzt Jeff Lorber an Knorbs Farfisa-Orgel, während Knorb seine Tuba poliert. Die Melodie von Lorbers Superhit „Do What It Takes“ liegt in der Luft – aber in einer viel jazzigeren, freieren, unvergoldeten Version.
Knorb nickt ihm zu, greift zur Tuba. Lorber zieht ein paar leuchtende Akkorde auf der Farfisa – funky, verspielt, dann knarzt eine Bassfigur durch den Raum, und Knorb antwortet mit einem sonoren Brummen, das durch die Regale vibriert. Die beiden lachen, spielen sich die Themen wie alte Witze zu. Für einen Moment ist es wieder 1983 in Queens – aber ohne Trump, ohne Gold, ohne Vertrag.
Dann verklingt das Stück.
Knorb grinst.
„Jeff, erinnerst du dich an die Zeit, als wir für den Mann, dessen Name nicht genannt werden muss, den Scheiß im Big Apple eingespielt haben?“
Lorber lacht.
„Wie könnte ich das vergessen? Das war der Tag, an dem ich beschloss, nie wieder Fahrstuhlmusik zu machen.“
Knorb: „Und was ist Jazz für dich, Jeff?“
Lorber: „Das Gegenteil von Fahrstuhlmusik.“
Professor Dr. Werner Knorb – Jazz-Schimpanse, Tuba-Virtuose, florale-Brillen-Liebhaber – und: Deutschlands einziger Jazzprofessor. Das allein würde schon reichen, um sich ein Denkmal aus Notenschlüsseln zu gießen. Aber Knorb wäre nicht Knorb, wenn er es dabei belassen hätte. Seine Habilitation bei Roger Bobo? Kein trockenes Papier, sondern eine wuchtige, an Pendereckis Polymorphia orientierte Version des Tuba-Stücks „Kreuz Kaiserberg“, von Bobo kommentiert mit: „Werner, das ist entweder genial – oder ein Notruf aus dem Untergrund.“ Knorb brummte nur. Die Aufnahme landete später, getarnt unter Pseudonym, auf dem legendären Album „Tuba Libera“ – ein Meilenstein für all jene, die Tuba nicht mehr nur mit Märschen assoziieren. Für seine Promotion zog er alle Register – und blies „The Lonely Shepherd“ auf der Tuba so sehnsuchtsvoll, dass Gheorghe Zamfir, Papst der Panflöte, zu Tränen gerührt war. Was folgte, war eine zweijährige Tour mit Zamfir und André Rieu: Rio, Tokio, Sydne...
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