8 Uhr: Wir schleppen Teller, Tassen und Thermoskanne zum ehemaligen MG-Nest, das in diesem Sommer unser Essplatz ist. Ich habe mir bei Globi so eine Klipp-Klapp-Box mit Griff gekauft. Jetzt können wir sie gut gebrauchen. Die Buttercroissants sind schön butterig, die Salzbutter schön salzig und der Blick auf die Bucht schön bilderbuchtmäßig. Allerdings sind Brille und Hütchen schon Pflicht. Die Sonne knallt. Da hat man ruck zuck einen an der Marmel.
Noch ist das Internet gut. Mit dem Tablet surfe ich den NDR an. Mal sehen, was Altenburg mit seinen Freeses zu Stande gebracht hat. Nix - ist anscheinend auch im Urlaub. Er sendet eine Konserve:"Der Lachs der Weisheit". Diese alte Folge ist allerdings genial. Mittelalterverlobung bei den Freeses. Alle tragen Kartoffelsäcken und lauschen einer Freien Rednerin. Als die Stelle mit dem Eierlikör kommt, pruste ein wenig Tee durch die Nasenlöcher, obwohl ich die Folge doch schon kenne.
9 Uhr: Ich statte Erich, dem Melonenmann, einen ersten Besuch ab. Ich kaufe - Überraschung! - zwei Melonen und ein Körbchen gemischte Tomaten aus seinem Felsengarten. Die Melonen kosten 2 für 3 EUR, für das Tomatenkörbchen will er 2,70. Er rundet ab und sagt:"Eh, ben cinq." Ich gebe einen 5er-Schein und bekomme als "Rückgeld" zwei platte Pfirsiche - weißfleischig.
Auf dem Parkplatz versammelt sich die Damenabteilung des Turnvereins Dieppe-Altstadt zum gemeinsamen Aqua-Walking. Neopren, neon-grüne Haarbänder und die ganze Zeit am quatern. Erich, der Melonenmann und ich nennen sie die pies bavardes - Graue-Elstern. Erich sagt:”Melone, Melone!” Und wir müssen beide lachen.
10 Uhr: Ab zum Wasser. Der grauhaarige Chef (56) der Badeaufsicht krault mit der athletischen, jungen Blonden aus seinem Team durch die Bucht. Er heißt Gilles. Seine Frau macht mit den Kindern (der Junge 16 und das Mädchen 14) Urlaub in Sanary am Mittelmeer. Ihm sei das zu heiß. So,so.
Sie heißt Lisel und kommt ursprünglich aus Pepinster an der Weser in Belgien. Sie war für 1 ½ Jahre mit einem Schtis verheiratet. Gemeinsam wollten sie das große Geld mit einer Frittenhütte in Cayeux machen. Doch mit den fehlenden Einnahmen, kam auch die Liebe abhanden. Lisel ist jetzt 29 und seit zwei Jahren geschieden. Beide paddeln mit Schwimmbrille. Danach stehen sie kichernd unter der Stranddusche. Da geht noch was . . .
Seit einer Woche schreibt der Meister ans Infoboard, das Wasser sei 18 Grad warm - manchmal hat er einen Clown gefrühstückt, dann schreibt er 18,5 Grad. In Wirklichkeit sind es 15. Manchmal - wenn er nicht guckt - schmiere ich die Acht und das Komma mit dem Finger weg, dann stimmt es wieder.
Trage Neopren, taste mich langsam das Pier runter. Klatsch. Die erste richtige Welle reißt mich in die Fluten. “Une fois dedans, elle est bonne.”, heißt es hier auf Postkarten - wenn man einmal drin ist, geht's.
Auf dem anderen Pier verlässt die Senioren-Schwimm-Gruppe Saint-Aubin-sur Scie das Wasser. Alle mit weißer Badekappe. Angeführt werden sie vom 1. Vorsitzenden des Vereins, dem 75jährigen Gégé Renault, wie immer perfekt gestutzter Schnäuzer, braun gebrannt und durchtrainiert. Er nimmt einen blauen Badeschlappen in die Hand und winkt den Nachzüglern, sie mögen das Wasser zügig verlassen:”Allez, allez!” So geht das täglich bis Ende September.
Die Flut ist hoch. Schon nach wenigen Metern geht es steil nach unten. Bestimmt 10 Meter. Jungs und Mädels aus Holland haben eine Luftmatratze zu Wasser gelassen und machen Kopfsprünge. Ich schwimme bis zur letzte Boje. Wende und ab zum Duschen. Man kühlt doch aus. Und: Ein leichtes Hungergefühl stellt sich ein.
[Fortsetzung folgt]
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