In den Ferien ging es meistens zu den Großeltern, die nach dem Krieg als Flüchtlinge am Rande des Naturparks Lauenburgische Seen ein Siedlungshäuschen bezogen hatten. Die Koppel.
Dort wurde nach einem strengen Tagesablauf gelebt.
Halb Sechs: Aufstehn. Kurz vor Sechs Frühstück mit der Plattdeutschen Morgenandacht auf NDR 2. Mittagessen gab es um Zwölf – Wat mut, dat mut!
Oma: "Bleibt mal noch sitzen! Wir wollen noch was erzählen." Gewöhnlich folgten dann Monologe meines Opas (in Abwesenheit Wilhelm I. genannt), von denen ich mich in jungen Jahren nach einem gnädigen "Du darfst jetzt aufstehen" in den Sandkasten verabschiedete.
Als wir in der Mittelstufe nach Griechen, Römern und Liudolfingern, den Zweiten Weltkrieg in den Blick nahmen, gab es dann und wann heftigere Auseinandersetzungen, die allesamt ergebnislos blieben.
In den 90ern erzählte er mehr und mehr humoritische Anekdoten, von denen eine in kulinarischer Hinsicht ganz nett ist:
Opa war in französische Kriegsgefangenschaft geraten.
"An der Drac wollte der Franzose ein Stauwehr bauen. Hab'n 'se natürlich gefragt: 'Wer ist Handwerker?' Hab ich mich natürlich gemeldet. Konnte ja schließlich auch bißchen französisch sprechen […] 'Spieß! Besorg mal was zu essen, wir haben Hunger!' Ich also los! Bei dem kleinen Laden angekommen. 'Bonjour Madame! Manger. Die Kameraden haben Hunger.' Drückt sie mir so einen Laib Käse in die Hand. Ich zurück. Die Jungs schneiden den Käse an. 'Guck mal hier Spieß! Alles total verschimmelt.' Ich guck: 'Donnerwetter, das ist ja alles grün und blau. Ich den Käse eingepackt' Ich also wieder los zu dem kleinen Laden. 'Bonjour Madame! Pas possible. Moisi, moisi' Sie: 'Non, non, Monsieur. Roquefort, grande délicatesse!' Ich probiert: 'Donnerwetter, der schmeckt!' Ich den Käse eingepackt' Ich also wieder los. Da wollten sie natürlich alle probieren und ruck zuck war alles verdrückt. Wenn ich daran noch denke..." Mit einem "Oh nein, oh nein, oh nein!" endeten die Anekdoten dann für gewöhnlich.
Mein Opa hatte ein *sehr* auserwähltes und *sehr* eingeschränktes Repertoire an Dingen, die er für essbar hielt. Roquefort gehörte fürderhin zu den Käsesorten, die im Haushalt meiner Großeltern zu besonderen Anlässen kredenzt wurde.
Schafskäse wurde beispielsweise rigoros abgelehnt.
Um einige Frankreicherfahrungen reicher, wagte mein Vater (Mitzwinkler Zweig) einmal den Hinweis, dass Roquefort auch ein Schafskäse sei.
Wilhelm: "Im Krieg nicht!"
Ich glaube nicht, dass die Story in allen Teilen so war, aber Wilhelm hat sie bestimmt 50 Mal erzählt. Immer mit den gleichen Dialogpassagen. Immer mit dem "ich also wieder los" und "Donnerwetter, der schmeckt".
En bald.
Dort wurde nach einem strengen Tagesablauf gelebt.
Halb Sechs: Aufstehn. Kurz vor Sechs Frühstück mit der Plattdeutschen Morgenandacht auf NDR 2. Mittagessen gab es um Zwölf – Wat mut, dat mut!
Oma: "Bleibt mal noch sitzen! Wir wollen noch was erzählen." Gewöhnlich folgten dann Monologe meines Opas (in Abwesenheit Wilhelm I. genannt), von denen ich mich in jungen Jahren nach einem gnädigen "Du darfst jetzt aufstehen" in den Sandkasten verabschiedete.
Als wir in der Mittelstufe nach Griechen, Römern und Liudolfingern, den Zweiten Weltkrieg in den Blick nahmen, gab es dann und wann heftigere Auseinandersetzungen, die allesamt ergebnislos blieben.
In den 90ern erzählte er mehr und mehr humoritische Anekdoten, von denen eine in kulinarischer Hinsicht ganz nett ist:
Opa war in französische Kriegsgefangenschaft geraten.
"An der Drac wollte der Franzose ein Stauwehr bauen. Hab'n 'se natürlich gefragt: 'Wer ist Handwerker?' Hab ich mich natürlich gemeldet. Konnte ja schließlich auch bißchen französisch sprechen […] 'Spieß! Besorg mal was zu essen, wir haben Hunger!' Ich also los! Bei dem kleinen Laden angekommen. 'Bonjour Madame! Manger. Die Kameraden haben Hunger.' Drückt sie mir so einen Laib Käse in die Hand. Ich zurück. Die Jungs schneiden den Käse an. 'Guck mal hier Spieß! Alles total verschimmelt.' Ich guck: 'Donnerwetter, das ist ja alles grün und blau. Ich den Käse eingepackt' Ich also wieder los zu dem kleinen Laden. 'Bonjour Madame! Pas possible. Moisi, moisi' Sie: 'Non, non, Monsieur. Roquefort, grande délicatesse!' Ich probiert: 'Donnerwetter, der schmeckt!' Ich den Käse eingepackt' Ich also wieder los. Da wollten sie natürlich alle probieren und ruck zuck war alles verdrückt. Wenn ich daran noch denke..." Mit einem "Oh nein, oh nein, oh nein!" endeten die Anekdoten dann für gewöhnlich.
Mein Opa hatte ein *sehr* auserwähltes und *sehr* eingeschränktes Repertoire an Dingen, die er für essbar hielt. Roquefort gehörte fürderhin zu den Käsesorten, die im Haushalt meiner Großeltern zu besonderen Anlässen kredenzt wurde.
Schafskäse wurde beispielsweise rigoros abgelehnt.
Um einige Frankreicherfahrungen reicher, wagte mein Vater (Mitzwinkler Zweig) einmal den Hinweis, dass Roquefort auch ein Schafskäse sei.
Wilhelm: "Im Krieg nicht!"
Ich glaube nicht, dass die Story in allen Teilen so war, aber Wilhelm hat sie bestimmt 50 Mal erzählt. Immer mit den gleichen Dialogpassagen. Immer mit dem "ich also wieder los" und "Donnerwetter, der schmeckt".
En bald.
Kommentare
Und wenn sie dann eines Tages nicht mehr erzählt werden, fängt man an, sie zu vermissen.
Die Roquefort-Geschichte ist sehr schön. Vor allen Dingen, weil er wirklich schmeckt, vor allen Dingen mit einem Gläschen Edelsüßen, Donnerwetternocheinmal!
LG Louie